Atemlos durch’s Leben

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Die günstigste Alternative zum Facelifting

Täglich rennen wir von einer Yogastunde zur nächsten, lassen uns von Möchtegerngurus in asiatischen Gewändern bekehren und probieren eine fernöstliche Heilkunst nach der nächsten aus – ständig auf der Suche nach etwas, das wir gern als unsere“ innere Mitte“ bezeichnen. Dennoch tun wir uns zwischen all den mentalen Heilmethoden und Ayurvedakuren ziemlich schwer damit, das sogenannte „Gleichgewicht“ wieder zu finden. So manch ein Asiate im fernen Osten würde über unsere Verzweiflung nur schmunzeln. Ihm ist bewusster als den meisten von uns, dass nicht die innere Mitte der westlichen Gesellschaft vor Ewigkeiten verloren gegangen ist sondern vielmehr die Zeit zum Atmen.

Es ist also nicht so wie es das Sprichwort besagt: Uns fehlt nicht die Luft sondern die Zeit zum Atmen. Anders könnte ich mir zumindest nicht erklären, dass die Mehrheit der rund vier Milliarden Asiaten trotz allseits bekannter Luftverschmutzungswerte, durchnschnittlich zehn Jahre jünger aussieht. Luft nährt unsere Zellen mit Sauerstoff. Wenn die aber hungrig bleiben wirkt sich das durch verfrühte Falten und einen beschleunigten Alterungsprozess aus. Anstatt uns also darüber zu freuen eine verhältnismäßig unbelastete und sauerstoffhaltige Luft atmen zu können, versuchen wir die Spuren des Alterns durch Faceliftings und diverse Anti-Aging-Cremes aus unseren Gesichtern zu verbannen. Dabei ist das Geheimnis faltenfreier Haut und innerer Ausgeglichenheit so einfach, und vor allem: so viel billiger! Zeit ist nicht Geld, Zeit ist Atmen, und Atmen bedeutet Leben. Wenn wir also das nächste Mal nach Feierabend zur Yogastunde hetzen sollten wir uns vielleicht ein paar Sekunden unserer wertvollen Zeit nehmen und mal tiiiief Luft holen.

Allerdings wirkt sich die Versorgung unserer Zellen mit Sauerstoff nicht nur auf unsere Schönheit aus. Der Abtransport von Giftstoffen ist vor allem gesundheitsfördernd: Schmerzen werden gelindert, der Verdauungsprozess beschleunigt und die Fähigkeiten des Gehirns gestärkt. Mit einem tiefen Atemzug durch die Nase soll nicht nur die Lunge belüftet, sondern auch das Zwerchfell bewegt werden. So wird der Kreislauf besser zirkuliert und sämtliche Muskelgruppen entspannt. Durchschnittlich atmet ein erwachsener Mensch zwölf Mal pro Minute ein. Einmal Einatmen dauert deshalb meist nicht länger als fünf Sekunden, dabei gäbe unser Lungenvolumen so viel mehr her: Mit einer gezielten Atmung können wir bis zu 75 Liter Luft aufnehmen, in der Realität sind es meist nur etwa sieben bis zehn. Ein tiefer Atemzug sollte nicht nur bis in den Brustraum, sondern bis in den Bauch und sogar in Becken-, Rücken- und Nierenbereich spürbar sein.

Ja, die gute Helene Fischer hat mit ihrem „Atemlos“ den Zeitgeist ganz schön gut getroffen – nicht nur was den Schlager angeht. Doch atemlos sind längst nicht mehr nur unsere Nächte. In der schnelllebigen Gegenwart ist das oberflächliche Atmen zum Dauerzustand geworden. So wie bei den meisten Dingen im Leben wird das Wichtigste für selbstverständlich genommen und  nicht genügend wertgeschätzt. Nur bringt uns diese Einsicht im Nachhinein auch nichts mehr, denn genau genommen ist atemlos gleich leblos – auch wenn’s drastisch klingen mag! Und für die, die jetzt seufzend vor ihrem Computer oder über ihrem Smartphone hängen, nehmt euch die abschließende Frage einmal zu Herzen: Wann habt ihr das letzte Mal so bewusst geatmet wie in den letzten fünf Minuten während ihr diesen Text gelesen habt? Shame on you!

Quelle: rr.proquest.com

Quelle: rr.proquest.com

Und für alle, die sich noch ein bisschen länger ihrem Atem widmen möchten: http://www.gesundheit.de/fitness/fitness-uebungen/atemuebungen/atemuebungen

Na tolle Knolle!

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Warum die Kartoffel besser ist als die Nudel

So schön es auch sein mag mit den Liebsten zusammenzuwohnen, kommt es auch in den besten Wohngemeinschaften zu gelegentlichen Diskussionen. Zwar sind meine Mitbewohnerinnen und ich uns in den meisten Dingen einig, was hingegen die Wahl der Kohlenhydrate in unserem Mittagessen angeht, stehe ich meist allein da. Während der Großteil meiner Freundinnen der Meinung ist, Nudeln seien in jeglicher Hinsicht die beste Option für die tägliche Zufuhr an Ballaststoffen, habe ich es bis heute nicht geschafft, sie von den eindeutigen Vorteilen eines anderen Nahrungsmittels zu überzeugen: Der Kartoffel.

Die Liebe zur Kartoffel liegt nicht nur an den, mütterlicherseits verebten, deutschen Genen. Auch der Geschmack allein ist nicht Grund genug für meine Zuneigung zu dem gelben Knollengemüse. Vor allem ist es die Vielfältigkeit, die der nahrhafte Erdapfel mitbringt. Einst fragte mich mein Freund: Wenn du dir lediglich drei Nahrungsmittel aussuchen kannst von denen du dich dein Leben lang ernähren müsstest welche wären das? Nun ja, neben Schokolade dürfte da mit Sicherheit die Kartoffel nicht fehlen. Dann gäbe es montags Salzkartoffeln, dienstags Bratkartoffeln, mittwochs Kartoffelpüree, donnerstags Pellkartoffeln, freitags Kartoffelgratin, samstags Kartoffelpuffer und am Sonntag Ofenkartoffeln! Zudem kann ich aus 5000 verschiedenen Sorten weltweit auswählen. Bis ich damit durch bin haben sich gewiss weitere zehn Kartoffelgerichte entwickelt. Und jetzt kommt ihr, liebe Potatoehater!

Nicht nur was die Abwechslung angeht ist die Kartoffel der Nudel um einiges überlegen. Vor allem wenn es um Inhaltsstoffe, und somit den gesundheitlichen Zustand des Verzehrenden, geht ist das Lieblingsgemüse der Deutschen die deutlich bessere Wahl. Die Kartoffel strotzt nämlich nur so vor Vitaminen und Mineralien. Von Magnesium, über Kalium, Calcium, bis zu Phosphor und Eisen enthält die Kartoffel nicht nur alles was das Herz sondern was der gesamte Organismus begehrt! Und obwohl das Knollengewächs mit mehr Ballaststoffen deutlich länger satt hält ist es mit gerade mal 74 Kalorien pro 100 Gramm auch noch besser für die schlanke Linie. Dieselbe Menge Nudeln liefern bei 160 Kalorien fast das Doppelte!

Zu guter Letzt sei auf die Vorzüge der Kartoffel jenseits von Teller und Kochtopf hinzuweisen. Der ungekochte Erdapfel dient auch als altbewährtes Hausmittel, wie zum Beispiel bei der Reinigung von seidenen Tüchern, Wollkleidung und sogar Teppichen. Selbst hartnäckiger Straßenschmutz soll sich durch das Reiben mit einer rohen Kartoffel in Luft auflösen. Und auch die gekochte Version ist mehr als nur eine Bereicherung für den Mittagstisch. Der heiße Kartoffelwickel hat schon die einen oder anderen Halsschmerzen gelindert. Ich bezweifle das eine Nudel derartige Superkräfte besitzt!

Liebe Nudelfreunde, ich sehe ja ein, dass das Kartoffelschälen nervig sein kann und auch ich möchte eine hausgemachte Pasta hin und wieder nicht missen. Aber mal ganz im ernst: Die Pommes zum Cheeseburger wird die Nudel nie ersetzen können. Genauso wenig wie die Bratkartoffeln im Bauernfrühstück und die Klöße zum Gänsebraten am Weihnachtsabend. Und im Zweifesfall gibt’s bei uns in der WG eben Reis als Beilage. Der hat so wenig Eigengeschmack, dass wohl jeder damit einverstanden sein sollte.

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Und für alle Kartoffelmuffel, die ein bisschen Inspiration benötigen:

http://eatsmarter.de/rezepte/rezeptsammlungen/kartoffelgerichte#/0

Hip, Hipper, Happy Hippo

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So süß waren die 90er

Wie oft musste man sich das Geschwätz der älteren Herrschaften anhören als man selbst noch jung, rebellisch und ahnungslos auf seinem Center Shock rumgekaut hat: Die Jugend von heute! Eine ganz andere Frage, die sich mir heute stellt, wenn ich durch die Süßigkeitenregale im Supermarkt schlendere ist eine ganz andere: Was zum Teufel ist nur aus unser Schokolade geworden??

Die gute Nachricht: Auch als Erwachsener ist es noch legitim Kinder-Schokolade zu essen. Und auch die altbewährten Kinderriegel gibt es noch in zweifacher Ausführung. Die kleinen mit der allseits bekannten Grinsebacke auf der Verpackung und für die Großen dann eben die größeren Riegel, ganz unökologisch Doppelt in Plastik verpackt. Neben den anderen Leckereien des Kinder-Sortiments, wie Kinder-Country, Kinder-Maxiking, Kinder Bueno und (ganz wichtig!) dem Kinder Überraschungsei, ist einer unser Kindheitsfreunde verschwunden: Der Kinder Happy Hippo Snack!!! Aus einem unerklärlichen Grund kam irgendein Superhirn auf die Idee, den mit Haselnusscreme gefüllten Schokohippo, durch den Happy Hippo Cacao zu ersetzen. Bis heute hat so keiner richtig verstanden, welches Konzept hinter diesem merkwürdig dreinschauendem Baiser-Waffel-Tierchen steckt. Schaut es nicht gar selbst so, als wüsste es nicht so recht wohin mit sich?

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Leider ist der Happy Hippo Snack nicht der einzig zu verzeichnende Verlust. Auch im Kühlregal hat sich so einiges verändert. Zugegeben, der Kinder Professor Rino ist schon ein netter Trost, wenn auch kein ebenbürtiger Ersatz für den Happy Hippo, dennoch sind auch hier ein paar Dinge verschütt gegangen. Wo zum Beispiel ist der Frufoo von Onken abgeblieben? Ja genau, der UFO-förmige Erdbeerquark mit der tollen Spielzeugüberraschung in der Mitte. War der Bedarf gesättigt, als jedes Kind die Frufos-Family bereits in mehrfacher Ausführung hatte, oder war das miserable Marketing, das den Figuren Namen wie „Bananosaurus Rex“ und „Frucschrauber“ gab, schuld? Wenigstens die kleinen Schokoufos mit Quarkfüllung hätten sie uns doch lassen können. Die waren in Wirklichkeit doch eh viel geiler (wegen der Schokolade natürlich).

Ein weiterer treuer Weggefährte, der uns 90er-Kids genommen wurde, ist die deutsche Version der „Lunchables“-Lunchbox von Kraft. Die kleinen Weizencracker, mit den perfekt zugeschnittenen Wurst- und Käsescheibchen waren zwar nicht die billigste Alternative, ersparte der einen oder anderen Mutter aber das lästige Broteschmieren am Morgen. Meine Mutter hielt es hingegen für eine bessere Idee der Arbeit mit einer günstigeren Version zu entkommen. So fand ich dann eines Morgens lose TUC-Cracker mit selbstgeschnittenen Scheiben Kochwurst und Schablettenkäse in meiner Brotdose vor. Meine Mutter sah es verständlicherweise nicht ein, fünf Mal die Woche, einen unverschämten Betrag für eine im Grunde viel zu kleine Lunchbox auszugeben, nur damit ihre Tochter mit ihrer tollen Lunchable-Box aus der Werbung angeben konnte. Zwischen Sailor Moon und den Kickers wurde der (natürlich aus den USA stammende) Pausensnack nämlich angepriesen, wie kaum ein anderes Produkt. Aber scheinbar ist auch ein erfolgreiches Marketing nicht alles. Das zeigt auch das durchaus tragische YES-Törtchen-Beispiel. Nach dem Motto „Kleine Torte, statt vieler Worte“ brannte sich das Bild des kleinen Yes-Törtchens mit einer leuchtenden Kerze in der Mitte in wahrscheinliches jedes Kinderhirn der Republik ein. Trotz des unumstrittenen Wiedererkennungswerts war der kleine Kuchen 2003 gänzlich vom Markt verschwunden. Der Skandalkonzern Nestlé bewies zur Abwechslung Herz und nahm das Yes-Torty 2011 wieder ins Sortiment auf. Leider kein Comeback haben bis heute die Montelinos von Milka gefeiert. Seit Jahren warte ich auf eine Wiederbegegnung mit den kleinen Schokoladenbergen, die mit ihrem Gipfelchen aus weißer Schokolade nicht nur zuckersüß aussahen, sondern auch so schmeckten. Dagegen scheint es verständlicher, dass es die Wasa Schoko Wikinger nicht geschafft haben sich dauerhaft im Supermarktregal zu etablieren. Die Kombi aus Schokolade und Knäckebrot hat doch nie einer so wirklich einer verstanden. Nicht umsonst schmiert man sich sein Nutella doch lieber auf’s fluffige Weiß- oder Mischbrot.

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Ja, wenn man so überlegt könnte man stundenlang in Nostalgie dieser süßen Kindheitserinnerungen schwelgen. Doch auch wenn wir 90er-Kinder den Kinder Happy Hippo Snack vermissen, so müssen wir uns eingestehen, dass auch ein originaler, aus drei Kammern bestehender Schokoladenhippo (und sei die Haselnusscreme darin noch so cremig) wahrscheinlich nicht mehr so schmecken würde, wie er es damals getan hat. Andernfalls würden wir den Spinat, den wir damals mit großem Geschrei abgelehnt haben, doch heute auch nicht essen. Und so lange Duplo „die wohl längste Praline der Welt“ bleibt, man „Freunden weiterhin ein Küsschen gibt“ und auch die Lila Pause sich an der einen oder anderen Tankstelle blicken lässt, bleibt mit Sicherheit auch das Kind in uns erhalten.

Drei Tage grün

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Fasten wie ein Yogi

Es begann mit einer harmlosen Kundalini Yoga-Stunde im vergangenen Jahr. Während wir durch dynamische Drehungen unseres oberen Rumpfes versuchten all die bösen Giftstoffe aus unseren Organen zu vertreiben, erzählte die Lehrerin uns von der „grünen Diät“. Wahrscheinlich war die Aussage, dass man dabei so viel essen dürfe, wie man wolle, ausschlaggebend für unsere Euphorie, das Ganze mal selbst auszuprobieren. Das jegliche Nahrung, ob nun in Form von Essen oder Getränken, dabei grün sein muss, war für meine Freundin und mich zunächst zweitrangig. Unsere Gedanken spiegelten eher folgendes wider: Eine Diät bei der man so viel essen kann, wie man will? Wie geil ist das denn??

Eine Asienreise, einen Umzug und letztendlich ein Jahr später waren wir zumindest immer noch so begeistert von der Idee unseren Körper mithilfe der grünen Diät zu entgiften.Als ich mich im Internet über das genaue Vorgehen informierte, erfuhr ich eine Menge über die Farbe Grün, was grüne Nahrungsmittel alles so mit unserem Körper anstellen und dass die richtigen Cracks das Ganze bis zu 30 Tage am Stück durchziehen! Meine Freundin und ich waren uns einig, dass uns fürs Erste drei Tage ausreichen würden. Uns bei der Farbe von Lebensmitteln auf Grün zu beschränken erschien uns nicht weiter schlimm. Neben Götterspeise mit Waldmeistergeschmack und sauren Apfelringen gibt es nämlich auch eine Vielzahl an Gemüse und frischen Kräutern, die grünen Farbstoff enthalten! Das sogenannte Chlorophyll verleiht Salat & Co nicht nur seine Farbe, sondern ist vor allem super gesund für den menschlichen Organismus. Während es Pflanzen bei der Photosynthese hilft, unterstützt es den menschlichen Körper beim Aufbau neuer Blutzellen und bei der Reinigung von Giftstoffen. Um die Superfoods in ihrer vollen Funktion nutzen zu können muss bei der grünen Diät allerdings auch auf alle weiteren Zusatzstoffe verzichtet werden. Leider ist weder Salz noch Zucker grün, deshalb sind zum Würzen der Mahlzeiten lediglich Kräuter oder Limettensaft erlaubt. Meine Mitbewohnerin deckte uns bei ihrem nächsten Einkauf mit einem Haufen an Grünzeug ein: Salat, Avocados, Weintrauben, Birnen, Gurken, Brokkoli und lauter andere chlorophyllträchtiger Dinge eben. Nach einem letzten deftigen Essen am Vorabend wurde ich direkt am ersten Morgen unserer grünen Diät auf die Probe gestellt.

Grünster (LIDL) Einkauf aller Zeiten

Grünster (LIDL) Einkauf aller Zeiten

Nach einem Obstsalat bestehend aus Trauben, Birnen und grünen Äpfeln, sowie einer Kanne Brennnesseltee zum Frühstück, traf ich meinen Vater beim IKEA. Eigentlich wollte ich dort nur zwei Regale für mein Zimmer besorgen, der Magen meines Vaters hatte jedoch andere Pläne. Mein Vater hatte Hunger und wenn ein Thai Hunger hat, dann aber richtig! In der IKEA-Kantine ließ der Gute sich also nicht von meinen grünen Absichten stören und bestellte kurzerhand für zwei Personen. Dass ich davon nichts essen würde, störte ihn nicht weiter. Die zwei Steaks mit Kartoffelspalten, der große Salat mit Räucherlachs und Dilldressing und das Mousse au Chocolat verdrückte er problemlos allein. Ich musste mich derweil mit meiner Tasse grünen Tee zufrieden geben. Komischerweise verspürte ich eine ungewohnte Art von Befriedigung in mir als ich meinen Vater dabei zusah wie er, ganz nach thailändischer Art, das Steak nur so hinunterschlang. Der erwartete Futterneid blieb aus. Im Gegenteil: meine Willensstärke bezüglich unseres Vorhabens hatte sich nur noch mehr gesteigert und ich fühlte mich wie ein wahnsinnig guter Mensch, der seinem Gegenüber sein saftig medium gegrilltes Steak von Herzen gönnte ohne selbst davon zu essen. In völligem Einklang mit meiner Selbst gönnte ich mir daheim eine extragroße Portion ungesalzenen Brokkoli mit einer Prise gehackten Pistazien – selbstverständlich unbehandelt! Nach zwei Stunden machte sich dann erneuter Hunger breit, also setzten meine Freundin und ich uns noch einen Topf Rosenkohl auf. Während unsere Mitbewohnerin sich die grünen Bällchen mit Fleischbeilage und einer ordentlichen Portion Butter und Salz hineinschaufelte, durften wir immerhin die Erfahrung machen, den Rosenkohl in seinem völlig natürlichen Geschmack kennenzulernen. Die Bekanntschaft war rein geschmackstechnisch vielleicht nicht die erfreulichste, unsere Bäuche waren dennoch zufriedengestellt. Mit einer Kanne Brennnesseltee am Abend war der erste grüne Tag auch schon überstanden.

Die IKEA-Challenge

Die IKEA-Challenge

Tag Zwei startete wieder mit einem Liter Tee und grünem Obstsalat. Trotz deutlich geringerer Zufuhr von Kohlenhydraten, die bei meinen gewöhnlichen drei Scheiben Schwarzbrot am Morgen eigentlich mehr als reichlich gedeckt ist, konnte ich keine Leistungsminderung beim morgendlichen Joggen feststellen. Da ich auch am Tag zuvor wenig Kohlenhydrate zu mir genommen hatte, fühlte ich mich umso leichter und schwereloser als ich den Elbstrand entlanglief. Zum Mittag bereiteten meine Freundin und ich uns den wohl grünsten Salat aller Zeiten zu: Babyspinat, grüne Paprika, Avocado, Gurke und grüne Oliven. Dazu kochte ich uns eine Suppe aus pürierten Erbsen. Für die würzige Note gab ich etwas grüne Currypaste aus Thailand hinzu. Garniert wurde das Ganze dann mit Kürbiskernen. Bereits nach einem Tag ohne Salz oder andere Zusatzstoffe löste die angenehme Schärfe eine wahre Geschmacksexplosion unserer Sinne aus. Die Kürbiskerne entpuppten sich außerdem als geeignete Knabberei für Zwischendurch, sodass die Tüte nach jedem Gang in die Küche leerer wurde. Die erwarteten Stimmungsschwankungen und Zickereien blieben weiterhin aus. Zwar fehlte uns das Frühstücksei und die Scheibe Schwarzbrot am Morgen, unsere Körper fühlten sich aber bereits nach 1 ½ Tagen viel fitter und vitaler.

Grünster Salat aller Zeiten

Grünster Salat aller Zeiten

Am dritten Tag hatte ich mich bereits an die grüne Nahrung gewöhnt. Es war gar nicht mal so schlimm durch den Supermarkt mit all seinen vollgestopften Regalen und Genussmitteln im Überdruss zu laufen und ihn mit lediglich einer Avocado und zwei Kiwis zu verlassen. Im Gegenteil: ich fühlte mich ziemlich kool dabei. Natürlich ist man auf gewisse Weise stolz darauf ein Ziel diszipliniert zu verfolgen und dabei auf sein körperliches Wohlbefinden zu achten. Für mich persönlich war es dann aber doch eher der bewusste Umgang mit Nahrungsmitteln als solcher, der etwas in mir veränderte. Ich dachte an meine Zeit in Asien zurück in der uns so viele Menschen begegnet waren, die sich einen vollgestopften Supermarkt ganz nach dem Motto „Wir lieben Lebensmittel“ nicht mal erträumen würden. Wie käme ich also dazu mich über drei Tage grüne Ernährung zu beschweren, wo ich doch die volle Bandbreite an Auswahl hatte. Ein anderer Gedanke, der mir kam, waren die buddhistischen Weisheiten, mit denen ich mich während der Reise beschäftigt hatte. Das Ziel Buddhas war es die vollständige Erlösung aller menschlichen Qualen zu erreichen. Dazu zählte er vor allem die Überwindung des unersättlichen menschlichen Verlangens. So begeben sich Mönche beispielsweise freiwillig in die Situation des Verzichtens und scheinen mit sich selbst völlig im Reinen zu sein. Vor diesem Hintergrund erscheint es auf einmal lächerlich, wie schwerwiegend allein die Tatsache sein kann, dass die Lieblingssorte Chips beim Einkauf kurz vor Ladenschluss ausverkauft ist. Wir als Konsumenten verleiten die Industrie dazu unser unersättliches Verlangen zu stillen und treiben damit die grenzenlose Überproduktion von Lebensmitteln voran. Dass wir alle viel mehr essen, als wir wirklich bräuchten und vor allem als gesund für unseren Körper ist, wird völlig verdrängt. All diese Gedanken kamen mir während ich durch den akkurat gestalteten Supermarkt lief. Wahrscheinliche würde ich es nie schaffen ein Leben komplett ohne sündhaften Konsum gewisser Lebensmittel zu führen. Ganz bestimmt würde ich aber künftig noch mehr darauf achten, was und wie viel ich konsumiere. Nicht nur meiner eigenen Gesundheit wegen, sondern vor allem mit dem Wissen, dass es ein Privileg ist zwischen zwanzig Brotsorten auswählen zu können. Eine Tüte unbehandelter Rosinen verirrte sich dann trotzdem in meinen Einkaufskorb. Bevor sie schrumpelig wurden, waren sie immerhin auch grün.